Carsten, Dominik, Frauke, Nils, Oktawian - welche Rolle hat GermanZero Hamburg beim Zukunftsentscheid gespielt?
Oktawian: Durch die frühe Vernetzung mit anderen Klimaschutz- und Umweltinitiativen haben wir vor zweieinhalb Jahren mitbekommen, dass ein Bündnis um Fridays For Future für Hamburg eine Volksinitiative plant. Diese haben wir dann vor allem durch das Sammeln von Unterschriften, Infostände und Haustürwahlkampf unterstützt.
Wie hat sich die Arbeit von GermanZero seit eurer Gründung entwickelt? Was sind und waren eure Schwerpunkte damals und heute?
Frauke: Zu Beginn gab es in Hamburg zwei GermanZero-Gruppen – eine, die sich auf Politikgespräche auf Bundesebene fokussiert hatte, und eine zweite, ebenfalls mit dem Ziel, eine Volksinitiative ins Leben zu rufen. Wir haben aber relativ schnell gemerkt, dass beide Gruppen zusammenarbeiten müssen, und die Lokal- und die Bundespolitik zusammen gedacht. Auch wenn einzelne Mitglieder bei uns jeweils eigene Schwerpunkte bezüglich lokaler Aktionen oder Aktivitäten auf Bundesebe haben, treffen wir uns regelmäßig als eine Gruppe und versuchen uns inhaltlich und argumentativ abzustimmen.
Wie viele Mitglieder seid ihr aktuell?
Sebastian: Wir sind aktuell etwa 10 aktive Mitglieder. Die Zahl schwankt immer etwas, je nachdem wieviel Zeit jedes Mitglied von uns neben Beruf und Familie und je nach Lebenslage aufwenden kann.
Wie hat sich euer Verständnis geändert, was politische Arbeit bedeutet? Ihr seid ja 2020 gestartet mit dem Ziel, dass Hamburg bis 2035 klimaneutral werden soll.
Carsten: Politische Arbeit ist ein Kraftakt und man konkurriert als “Klimalobbyist” mit so vielen anderen um das Gehör von Politiker:innen. Mit der Zeit bekommt man Erfahrung, welche Kräfte in der Politik wirken. Leider haben trotz öffentlicher Bekenntnisse zum Klimaschutz häufig die auf dem Status Quo beharrende Kräfte den stärkeren Einfluss.
Wie man am gewonnenen Klimaentscheid sehen kann, ist es dennoch möglich, durch direkte Demokratie die Politik zum Handeln zu verpflichten. Aber ohne die Vernetzung mit anderen Initiativen, auch wenn man in den Details nicht immer einer Meinung ist, ist es schwer. Was Politikgespräche angeht, haben wir gemerkt, dass sich die Einarbeitung in Themen lohnt. Denn die Politik honoriert in der Regel, wenn wir gemeinsam informiert und fundiert über konkrete Maßnahmen sprechen.
Der Zukunftsentscheid wurde am Ende von einem sehr breiten Bündnis aus mehr als 160 Organisationen und Unternehmen getragen. Was ist eurer Meinung nach das verbindende Interesse bei diesen sehr unterschiedlichen Akteuren?
Nils: Das verbindende Interesse war und ist, dass Hamburg endlich einen transparenten Plan zur Klimaneutralität bekommt und keine Zeit mehr verliert. Es war allen klar, dass das bisherige Gesetz nicht ambitioniert genug war. Durch die Vorgabe der Überprüfung der jährlichen CO2-Emissionen ist nun eine Kontrollmethode eingeführt worden, die ein regelmäßiges und zeitnahes Gegensteuern möglich macht. Dass Klimaschutz nur sozial verträglich funktioniert, stand vermutlich für niemanden in Frage.
Welche Rolle hat bei der Mobilisierung von Mehrheiten gespielt, dass bei dem Volksentscheid Begriffe wie „Zukunft“ und „soziale Gerechtigkeit“ im Fokus standen, nicht „Klimaschutz“, der in Teilen der Bevölkerung als Reizwort gilt?
Dominik: In der zweiten Phase, dem Volksbegehren, wurde auf den Plakaten das Wort “Klimaschutz” möglichst vermieden. Wir bekamen dann oft das Feedback, dass nicht sofort klar war, für was der Zukunftsentscheid steht. Aus meiner Sicht war es daher schon wichtig, das Wort "Zukunft" mit dem Wort "Klimaschutz" in Verbindung zu bringen. Aber den sozialen Aspekt so stark hervorzuheben, war bestimmt gerade in der aktuellen Zeit, von großem Vorteil.
Was möchtet ihr Initiativen mit auf den Weg geben, die sich in anderen Städten für Klimaneutralität einsetzen?
Nils: Vernetzt euch und sprecht immer wieder öffentlich darüber, wofür ihr euch einsetzt. Jeder Mensch wird täglich geflutet von Informationen und dadurch muss man vieles einfach mehrfach sagen, bevor jemand anderes aktiv wird.
Frauke: Und findet Leute, die digitale Tools zur Verfügung stellen können. Das Mitmachtool des Zukunftsentscheids zum Beispiel hat meiner Meinung nach einen großen Anteil daran, dass sich so viele Leute innerhalb Hamburgs in so kurzer Zeit für die vielen notwenigen Aktivitäten organisieren konnten. Und nicht vergessen: Wir haben auch einige sehr wertvolle LocalZero-Tools!
Und wie macht ihr bei GermanZero Hamburg nun weiter?
Carsten: Wir haben bereits vor dem Zukunftsentscheid viele Gespräche auf der Landesebene geführt. Der gewonnene Entscheid gibt uns bei den Folgegesprächen sicherlich Rückenwind, da sich die Politik nun bewegen muss. Dabei haben wir uns mit Hilfe der LocalZero-Unterstützung, z. B. in Form eines Klimaaktionsplan-Workshops in Schwerpunktthemen für Hamburg wie Energie und Verkehr eingearbeitet. Jetzt wollen wir diese Erkenntnisse natürlich auch in unserem lokalen, gewachsenen Bündnis teilen. |