Was nun?

Nach Trumps Wahlsieg: Was ist für den Klimaschutz zu erwarten – und was ist zu tun?

Donald Trump wird über eine ungeheure Machtfülle verfügen und sie auch zum Schaden des Klimas einsetzen, aber allmächtig ist er nicht. Warum es gerade jetzt gilt, weiter fürs Klima zu kämpfen.

Eine Analyse von Gregor Bauer

Klimapolitik
11.11.2024
Gregor Bauer

Rückabwicklung von Klima-Fortschritten

Die 29. Weltklimakonferenz in Baku beginnt mit einem schweren Rückschlag: Die USA werden aus dem Pariser Klimavertrag wieder aussteigen. Das jedenfalls hat Wahlsieger Donald Trump seinen Wählerinnen und Wählern versprochen.

Extrem klimaschädlich sind die USA auch unter der jetzigen Regierung: Die USA sind der zweitgrößte Verursacher klimaschädlicher Treibhausgase und der weltgrößte Produzent von Erdöl und fossilem Erdgas[1]. Aber immerhin sucht die Biden-Regierung Auswege aus der Abhängigkeit von den fossilen Energien: Sie hat der Solar- und Windkraft einen Boom beschert. Mit dem Inflation Reduction Act (IRA) plante Biden die Förderung grüner Investitionen in einem Umfang von über 400 Milliarden Dollar. Das extrem klimaschädliche Fracking verbot er zwar nicht, doch ließ er alle laufenden Genehmigungsverfahren für neue Projekte zur LNG-Ausfuhr auf Eis legen[2]

Künftig werden die USA regiert von einem Mann, der den Klimawandel für einen Schwindel hält. Wie ernst er das meint, hat er bereits in seiner ersten Amtszeit bewiesen. Alles spricht dafür, dass er in seiner zweiten Amtszeit noch härter gegen die überfällige Transformation zu den erneuerbaren Energien vorgehen wird. Denn inzwischen hat er alle kritischen Stimmen aus seinem Umfeld entfernt[3].

"Unter Trump werden die USA deshalb gewaltige Treibhausgasmengen in die Atmosphäre stoßen, die unter Harris eingespart worden wären."

Trump ist entschlossen zu tun, was die mächtigen Freunde von ihm erwarten, die seinen Wahlkampf finanziert haben: Die Klimaschutzgesetze des IRA sind ihnen ein Dorn im Auge. Trump will Bidens LNG-Moratorium aufheben und die Öl-, Gas- und Kohlenutzung von fast allen Einschränkungen befreien. Emissionsgrenzen für Autos sollen fallen, Genehmigungen für Windparks kassiert werden. Nach den Plänen des Project 2025 sollen zudem die US-Umweltbehörde verkleinert, der nationale Wetterdienst privatisiert und die Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA aufgelöst werden.

Unter Trump werden die USA deshalb gewaltige Treibhausgasmengen in die Atmosphäre stoßen, die unter Harris eingespart worden wären. Anzunehmen ist eine Größenordnung von bis zu vier Milliarden Tonnen CO2e mehr bis 2030. Das ist die doppelte Menge aller Einsparungen, die in den letzten fünf Jahren durch Windkraft, Solarenergie und andere saubere Technologien in der ganzen Welt erreicht wurden[4].

Die eigene Betroffenheit von Folgen der Erderhitzung hielt viel US-Wähler:innen nicht davon ab, für Trump zu stimmen. Hier: Opfer von Hurricane Milton in Florida, Oktober 2024. / Credits: Florida National Guard

Und darin sind die Folgen für die internationalen Klimaschutzbemühungen noch gar nicht eingerechnet. Was wird von dem 100 Milliarden Dollar schweren Klimafonds bleiben, der den ärmeren Staaten für Klimafolgeschäden zugesagt wurde, wenn die USA als größter Geldgeber ausfallen? Wie soll die Weltgemeinschaft zu mehr Klimaschutz motiviert werden, wenn der zweitgrößte CO2e-Emittent sich verweigert? In Europa fühlen sich rechte Parteien bereits ermutigt, die geplanten EU-Klimaziele wieder abzuschwächen. Es ist zu befürchten, dass sich die Wirtschaft darauf einstellt und Gelder zurückhält, die sie in die Transformation investieren wollte[5].

So werden unter Trump nicht nur die USA ihre bisherigen Klimaziele krachend verfehlen: Auch die Weltgemeinschaft wird ihr Ziel, bis 2030 die CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 zu halbieren, schwerlich halten können[6]. Von der Hoffnung, die Erderhitzung noch auf unter 1.5 °C begrenzen zu können, bleibt da nicht viel übrig[7].

Lehren für das Klima-Engagement hierzulande

Entmutigend ist Trumps Wahlsieg auch für alle, die sich für einen Bewusstseinswandel in Politik und Bevölkerung einsetzen: Die Bedrohung durch die Erderhitzung muss den Wählerinnen und Wählern in den USA bekannt gewesen sein. Vor der Wahl jagte dort ein Extremwetter-Ereignis das andere. Dass sich die Versicherungen weigern, vom Klimawandel besonders gefährdete Immobilien zu versichern, kann ihnen nicht entgangen sein[8]. Die Demokraten arbeiteten im Wahlkampf mit viel Geld, hervorragenden Strategen und Kreativen. Sie zogen alle Register, um über Trumps Lügen aufzuklären und vor den fatalen Auswirkungen seiner Präsidentschaft zu warnen. Viele fragen sich nun: Wenn nicht einmal die Wahlkampfmaschine der Demokraten ein solches Desaster verhindern konnte – was soll dann ich mit meinen bescheidenen Mitteln ausrichten? 

Widerstand gegen Trump war schon immer groß. Für die Mehrheit der Wähler:innen waren Sorgen um die Kosten der Lebenshaltung größer. Demonstration in London, 2019. / Credits: Marc Pell / unsplash

Wer neuen Mut schöpfen möchte, könnte damit beginnen, nach den Gründen für Trumps Wahlsieg zu fragen. Umfragen legen nahe: Die Wählenden haben nicht gegen Klimaschutz gestimmt, sondern gegen hohe Lebenshaltungskosten. In Bidens ersten Regierungsjahren erlebten viele einen sozialen Abstieg, den Biden zwar stoppen, aber nicht rückgängig machen konnte. Trumps Versprechen, wieder für mehr Wohlstand zu sorgen, mag hohl sein, aber es wurde geglaubt und hat wohl den Ausschlag für das Wahlergebnis gegeben.

"Viele fragen sich: Was soll dann ich mit meinen bescheidenen Mitteln ausrichten?"

Wer also breite Bevölkerungskreise für Klimaschutz gewinnen will, muss die Wirtschafts- und Sozialpolitik auf sie ausrichten und ihnen verständlich machen[9].

Doch in den USA ist es dafür nun zu spät: „Die nächsten vier Jahre sind entscheidend. Und Trump wird sie verspielen”, schreiben Anna Sauerbrey und Samiha Shafy (Zeit Nr. 47, 7.11.24). Fragen wir also: Besteht Hoffnung, dass sich der Schaden von Trumps Präsidentschaft für das Klima begrenzen lässt?

Schadensbegrenzung

Trump wird über eine ungeheure Machtfülle verfügen und sie zum Schaden des Klimas einsetzen, aber allmächtig ist er nicht. Den Niedergang der Kohle wird er kaum aufhalten können, dafür ist sie inzwischen zu unwirtschaftlich, Tendenz fallend[10]. Inwieweit er den geplanten Ausbau von Solar- und Windkraft wird verhindern können, muss sich erst noch zeigen. Immerhin fließen zwei Drittel der Subventionen für erneuerbare Energien in republikanische Staaten.

"Selbst das US-Militär hat sich in den letzten Jahren zu einer gewichtigen Stimme für mehr Klimaschutz entwickelt."

Wollte Trump sie streichen, müsste er deshalb mit erheblichem Widerstand auch aus den eigenen Reihen rechnen. Zumal auch republikanische Staaten heftig unter den Folgen des Klimawandels leiden. Seinen Widerstand gegen E-Autos hat Trump mit Rücksicht auf seinen Sponsor Elon Musk bereits aufgegeben.

Selbst das US-Militär hat sich in den letzten Jahren zu einer gewichtigen Stimme für mehr Klimaschutz entwickelt. Zwar ist es einer der größten CO2-Emittenten überhaupt. Gleichzeitig investiert es aber auch massiv in erneuerbare Energien, weil es im Klimawandel einen Vervielfältiger von Sicherheitsrisiken erkannt hat[11].

Dass die EU einer der größten Importeure fossiler Brennstoffe aus den USA ist, darf nicht so bleiben. Aber so lange es so ist, sollte die EU zumindest darauf drängen, dass die USA ihre riesigen Methan-Lecks bei der Produktion von Fracking-Gas in Griff bekommen. Ob Europa das tun wird und mit welchem Erfolg, wird sich zeigen.

Wann wird es zu spät sein?

Langfristig wird auch den USA nichts anderes übrigbleiben, als die Erderhitzung zu bekämpfen. Aber wenn sie sich endlich dazu entschließen werden: Wird es dann nicht zu spät sein?

Ja, es wird für vieles zu spät sein. Ihre zerstörerische Kraft entfaltet die Erderhitzung ja jetzt schon. Wichtige Kipppunkte werden voraussichtlich in den kommenden Jahren gerissen, wenn sie nicht bereits gerissen sind. Der Anstieg der Meeresspiegel dürfte nicht mehr aufzuhalten sein. Es wäre deshalb verantwortungslos, ungebremst weiter Treibhausgase zu emittieren im Vertrauen darauf, dass sie sich später in großem Maßstab aus der Atmosphäre wieder entfernen ließen.

Genauso verantwortungslos wäre es aber auch, die Möglichkeit auszuschließen, dass die Treibhausgas-Belastung in der Atmosphäre eines Tages wieder sinken könnte. So ernst die Gefahren auch sind, die mit dem Überschreiten der 1,5-Grad-Grenze einhergehen: Möglicherweise könnte eine spätere Abkühlung durch Negativ-Emissionen zumindest einige der Folgen wieder abmildern[12].

Sicherlich, das ist nur ein schwacher Trost. Aber es zeigt doch: Selbst angesichts der bitteren Aussicht, die 1,5-Grad-Grenze ohne die USA nicht mehr halten zu können, sind wir nicht an dem Punkt, an dem wir aufgeben müssten.

Besteht noch Hoffnung?

Es ist immer möglich, die Welt zu verändern. Grafitto an der Berliner Mauer. / Credits: Mark König / unsplash

Machen wir uns nichts vor: Trumps Wahlsieg ist für das Klima eine Katastrophe. Aber er ist nicht das Ende. Die Katastrophe, vor der wir stehen, ist menschengemacht, und Menschen können sie beenden. Menschen können sich ändern. Sie müssen es, wenn sie mit der Realität konfrontiert werden.

Früher oder später wird sich die Einsicht durchsetzen müssen, dass Klimaschutz notwendig ist. Dann werden wir froh sein für jede Tonne CO2, die wir der Atmosphäre nicht wieder entnehmen müssen, weil wir sie jetzt einsparen. Dann wird Europa wirtschaftlich zu den Gewinnern gehören, wenn es sich jetzt, wo die USA zurückzufallen drohen, klimatechnisch gut aufstellt[10]. Und in Deutschland werden wir dann froh sein, dass Klimaschutz-Organisationen wie GermanZero vorgearbeitet haben und am Start sind.

"Europa wird wirtschaftlich zu den Gewinnern gehören, wenn es sich jetzt, wo die USA zurückzufallen drohen, klimatechnisch gut aufstellt."

Verzweiflung ist eine sehr verständliche Reaktion auf Trumps Wahlsieg. Auch uns von GermanZero hat diese Nachricht schwer getroffen. Aber wir können uns Verzweiflung nicht leisten. Und nüchtern betrachtet, besteht dazu auch trotz allem kein Anlass.

Besinnen wir uns auf das, was wir haben: Die meisten von uns leiden keine wirtschaftliche Not. Wir haben freien Zugang zu Informationen, können unsere Meinung frei äußern und uns politisch engagieren, ohne staatliche Verfolgung befürchten zu müssen. „Es ist absurd“, sagt deshalb die amerikanisch-polnische Journalistin Anne Applebaum, „wenn Leute wie wir darüber nachdenken zu verzweifeln oder aufzugeben.“[13]

Also lasst uns weitermachen! Die nächsten Wahlen stehen bereits an, diesmal in Deutschland.

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Quellen

[1] Spiegel Nr. 46, S. 72

[10] „Am Abgrund“, Süddeutsche Zeitung vom 9. und 10.11.2024

[11] Goodman, Sherri (08/2024): Threat Multiplier: Climate, Military Leadership, and the Fight for Global Security

[12] Süddeutsche Zeitung 8.11.24

[13] Süddeutsche Zeitung 17.10.24