Bremsen beim Klimafortschritt
Während aktuell viele politische Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, die die Klimakrise gezielt bekämpfen und den Übergang zu einer nachhaltigen Energiezukunft gestalten sollen, stehen Subventionen für fossile Brennstoffe diesem Übergang massiv im Weg. Von diesen gezielt gesetzten finanziellen Anreizen profitieren insbesondere Wirtschaftszweige, die stark an fossilen Brennstoffen festhalten. Sie behindern den Fortschritt bei der Einführung erneuerbarer Energien und verschärfen die Umweltzerstörung. So konterkarieren sie die Bemühungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen. In diesem Artikel beleuchten wir die Probleme, die Subventionen für fossile Brennstoffe schaffen, und die Auswirkungen, die sie haben – und wir legen dar, wie notwendig ihre Reform ist.
Teure und sozial unausgewogene Fehlanreize
Klimaschädliche Subventionen kosten den deutschen Staat jährlich bis zu 65 Milliarden Euro (UBA: 2021). Dies entspricht bei einem derzeitigen Bundeshaushalt von 476,29 Milliarden Euro rund 14 Prozent des Jahreshaushalts. Zudem sind sie oftmals sozial unausgewogen, besonders auf lange Sicht. Sie setzen vielschichte Fehlanreize in den Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und Gebäude/Wärme, die eine Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft verzögern. Der Großteil der klimaschädlichen Subventionen umfasst die Nutzung und Bereitstellung von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas. Prominente Beispiele sind Steuervorteile für Dienstwagen ("Dienstwagenprivileg") (Subventionsvolumen: ca. 3 Mrd. € pro Jahr), die Energiesteuerbefreiung für Kerosin (ca. 8 Mrd. €/Jahr), Energiesteuerbegünstigungen für die Stromerzeugung (ca. 2 Mrd. €/Jahr) oder andere Maßnahmen wie der reduzierte Mehrwertsteuersatz für tierische Produkte (ca. 5 Mrd. €/Jahr). (FÖS: 2021)
All diese Probleme lassen sich jedoch ins Gegenteil kehren, indem diese klimaschädlichen Subventionen abgebaut werden. Bis zu 100 Millionen Tonnen CO2e pro Jahr ließen sich auf diese Weise einsparen (FÖS: 2021). Ohne dass der Staat also neues Geld in die Hand nehmen müsste, würden also kurz- bis mittelfristig neue Haushaltsgelder generiert, Emissionen eingespart und positive Anreize für den Vorstoß neuer klimafreundlicher Technologien gesetzt.
Bevor wir genauer ausführen, weshalb sich der Abbau klimaschädlicher Emissionen lohnt, eine kurze Begriffsklärung.
Was zählt man als "Subvention"?
Subventionen im klassischen Sinne sind staatliche Zuschüsse für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen, die nicht an eine direkte (marktwirtschaftliche) Gegenleistung gebunden sind. Staaten, private Haushalte und verstärkt Unternehmen können davon profitieren. Auch bei klimaschädlichen Subventionen handelt es sich um Unterstützungsleistungen des Staates – finanziert durch die Steuerzahler:innen – u.a. für die Produktion oder den Verbrauch von fossilen Stoffen wie Kohle, Öl und Gas. Wie alle Subventionen erfolgen sie ohne eine Gegenleistung.
Bei näherer Betrachtung kann zwischen direkten und indirekten Subventionen unterschieden werden. Direkte Subventionen sind Finanzhilfen, die dazu führen, dass Produkte oder Dienstleistungen günstiger werden, da der Staat einen Teil der Kosten trägt oder eine Prämie ausschüttet. Dies war zum Beispiel bei der Abwrackprämie der Fall, mit der ein Neuwagenkauf durch einen staatlichen Zuschuss günstiger gemacht wurde. Solche Bezuschussungen haben jedoch oft einen gegenteiligen Effekt („Rebound“), da sie klimaschädliches Verhalten noch zusätzlich fördern können.
Die meisten Subventionen sind jedoch indirekte Subventionen, die oft über Steuerbegünstigungen erteilt werden. In der Regel verzichtet der dabei Staat auf steuerliche Einnahmen, um ausgewählte Produkte im Vergleich zu anderen günstiger zu machen.
Insgesamt entfällt fast die Hälfte aller identifizierten Subventionen auf den Verkehrssektor, gefolgt vom Energiesektor. Auf den Landwirtschaftssektor und Gebäudebereiche entfallen weniger als 10 bzw. 5 Prozent der Subventionen (UBA: 2021).
Warum gibt es klimaschädliche Subventionen?
Wie bereits erwähnt, soll eine Subvention in der Regel die Wirtschaft entlasten oder aber diejenigen, die darin arbeiten. Oft profitieren aber auch Privathaushalte davon. Subventionen im Bereich Energie und Mobilität werden zudem genutzt, um gezielt bestimmte Wirtschaftszweige zu Wachstum zu verhelfen.
Klimaschädliche Subventionen sind jedoch oft geschichtlich längst überholt, wie z. B. die als „Dieselprivileg“ bezeichnete steuerliche Begünstigung von Dieselkraftstoff gegenüber Motorenbenzin. Dieses wurde vor über 30 Jahren eingeführt, um den nationalen Güterverkehr zu entlasten und gegenüber der Konkurrenz aus dem Ausland besser zu stellen. Somit sollten Endprodukte günstiger werden – auch für die Verbraucher:innen. Erst in den 1990er Jahren wurde das Privileg dann schrittweise auch auf PKW ausgeweitet. Der Effekt dabei war, dass sich mehr und mehr Privathaushalte einen Diesel anschafften. (Handelsblatt, 2017)
Ist eine Subvention erst einmal in der Welt, bleibt sie oft bestehen, weil Lobbys, wie die der Automobilindustrie, aus wirtschaftlichen Gründen daran festhalten. Umweltziele spielen dabei naturgemäß selten eine Rolle. Argumente für ihre Beibehaltung sind dann häufig die höheren Kosten, die z. B. Industrie oder Landwirtschaft im Falle von Streichungen pauschaler Strom- und Energiesteuervergünstigungen selbst tragen müssten. Diese, so die Folgerung der Subventionsbefürworter, schwächten Deutschland als Industrieland und kosteten gleichzeitig Arbeitsplätze (Kordes, 2023).
Das Problem – Fehlanreize für den Klimaschutz
In gewissem Sinn bringen Subventionen immer eine Art von Fehlanreiz mit sich – insofern als sie subventionierte Produkte oder Angebote durch einen Preisvorteil wirtschaftlich attraktiver machen als die nicht subventionierten und diese von den Konsument:innen bevorzugt gekauft werden. Der dadurch entstehende Wettbewerbsvorteil erschwert den Aufstieg anderer Angebote auf den Markt künstlich.
Ein Beispiel hierfür ist die Pendlerpauschale, eine steuerliche Vergünstigung, die es Arbeitnehmer:innen ermöglicht, ihre Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steuerlich geltend zu machen. Der Fehlanreiz besteht darin, dass diese Subvention einen Trend zu längeren Arbeitswegen und damit zu höherem Verkehrsaufkommen schafft. Die Entlastung fällt mit 67 Prozent überdurchschnittlich stark auf PKWs, die oft nur mit einer Person besetzt sind. Zudem bevorzugt sie insbesondere Besserverdienende, da die Vergünstigung auf dem individuellen Steuersatz basiert. Der Anreiz gänzlich oder einen Teil der Strecke mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zurückzulegen, sinkt. (UBA 2021a)
Auch das Dienstwagenprivileg schafft aus Klimaschutzperspektive Fehlanreize, weil es die private Nutzung des Fahrzeugs attraktiv macht: durch die Kostenübernahme von Anschaffung, Reparaturen, Steuern oder Sprit und die pauschale Steuererleichterung des durch die private Nutzung entstehenden Geldwertevorteils. Die Pauschalbesteuerung, die weder an CO2-Werte des Autos noch an die tatsächliche private Fahrleistung gebunden ist, hat dazu geführt, dass der Anteil an PS-starken SUV- und Oberklassefahrzeugen bei Dienstwagen besonders hoch ist. Gewerblich zugelassene Fahrzeuge haben einen Erstzulassungsanteil von mehr als 60 Prozent im Jahr. Oft werden sie nach nur 2-3 Jahren dem Gebrauchtwagenmarkt zugeführt. So bestimmen schwere Verbrenner auch weiterhin den Gebrauchtwagenmarkt und verlangsamen seine Elektrifizierung. (VDC 2022)
Die Abschaffung bzw. Reformierung der genannten Subventionen würde die für das Klima und die Umwelt negativen Trends stoppen und eine positive Lenkwirkung auf dem Automobilmarkt erzeugen. Langfristig würde sich auch das Verhalten der Konsumenten und Produzenten ändern. Die Mehreinnahmen durch die strengere Besteuerung von Dienstwagen würde neue finanzielle Haushaltsspielräume für den Bund eröffnen.
Schwer messbarer Erfolg
Während die Fehlanreize klimaschädlicher Subventionen in Hinblick auf den Klimaschutz offensichtlich sind, lässt sich ihr Erfolg schwer messen. Die Begründungen für ihre Notwendigkeit sind meist fragwürdig, oft fehlt eine klar definierte Zielerfüllung und Erfolgskontrollen bzw. Korrekturen werden regelmäßig ausgelassen. Doch Subventionen sind ein beliebtes Mittel, um Konsument:innen Leistungen zu gewähren, deren Finanzierung undurchsichtig und oft nicht langfristig gedacht ist. Ein großes Problem: denn Subventionen können recht leicht – und häufig versteckt - eingeführt, aber nur schwer wieder abgeschafft werden. Häufig ziehen sie zudem weitere Maßnahmen nach sich. (UBA 2021)
Außerdem können kurz oder langfristige Rebound-Effekte sowie Wechselwirkungen bei der Konzeption von Instrumenten oft nur schwer vorhergesagt und berücksichtigt werden. Beispielsweise ergibt sich aus den Kombinationen von Kaufprämien für E-Autos mit den verpflichtenden Vorgaben der PKW-CO2-Standards in der Gesamtbetrachtung eine Subvention der Automobilwirtschaft (für die Erreichung ihrer Flottenziele).
Soziales Ungleichgewicht
Viele Subventionen, die dem Klima schaden, sind zusätzlich sozial unausgewogen. Der besserverdienenden Bevölkerung steht mehr Geld für Konsum zur Verfügung als Geringverdienern, weshalb sie auch mehr konsumiert und entsprechend stark von subventioniertem Konsum profitiert. Die geringverdienende Bevölkerung dagegen hat oft gar keine andere Wahl als sich sparsamer zu verhalten, weshalb verhältnismäßig wenig von den Vergünstigungen bei ihm ankommt.
Auch hier ist das Dienstwagenprivileg das prominenteste Beispiel. Die steuerliche Begünstigung von Dienstwagen kommt nämlich zum Großteil Besserverdienenden zugute, weil Gering- und Normalverdienenden in aller Regel keinen Dienstwagen vom Unternehmen zur Verfügung gestellt bekommen. So befördert diese Subvention die soziale Ungleichheit, weil sie Individualmobilität für einzelne Besserverdienende begünstigt. Neben den Unternehmen und der Automobilindustrie sind sie die einzigen, die davon profitieren. (VDC 2022) Ähnlich verhält es sich mit der bereits beschriebenen Entfernungspauschale.
Ebenfalls problematisch für die soziale Gerechtigkeit ist der Umstand, dass Subventionen oftmals mit der Gießkanne verteilt werden, weil das bürokratisch einfacher ist. Das wäre zum Beispiel mit der Gaspreisbreme der Fall gewesen, die im Herbst 2022 eingeführt werden sollte. Hier sollten die Subventionen die Endverbraucher:innen vom starken Preisanstieg für Gas entlasten werden. Doch da ein höheres Einkommen in der Regel auch mit einem höheren Energieverbrauch einhergeht, hätten auch hier verstärkt die Besserverdienenden profitiert. Hinzu kommt, dass die Energiekosten bei Menschen mit geringerem Verdienst einen größeren Anteil des Einkommen ausmachen. Während einkommensschwache Haushalte ca. 13 Prozent ihres Einkommens dafür aufbringen müssen, sind es bei einkommensstarken Haushalten nur fünf Prozent (Statista 3/2022). Werden Subventionen nach dem Gießkannenprinzip verteilt, kommt also bei denen, die sie am meisten brauchen könnten, unverhältnismäßig wenig an.
Was zu tun ist - Subventionen zum Guten wenden
Klimaschädliche Subventionen vermeiden
Um zu vermeiden, dass zukünftig neue klimaschädliche Subventionen hinzukommen, ist es zudem dringend erforderlich, bessere Nachhaltigkeitskriterien zu entwickeln. Dabei ist es wichtig die Leitlinien der Subventionspolitik der Bundesregierung zu prüfen und so anzupassen, dass eine erneute Einführung von klimaschädlichen Subventionen verhindert wird. Die aktuellen subventionspolitischen Leitlinien orientieren sich an der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung und dem 2021 novellierten Klimaschutzgesetz. Beide sind für die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens nicht ausreichend. Die geplante Aufhebung der Sektorziele im Klimaschutzgesetz macht es umso wichtiger, dass das Ziel der Klimaneutralität beim Beschluss neuer Subventionen im Fokus bleibt. Subventionen, die eine klimaschädliche Lenkungswirkung implizieren, können durch klimafreundliche Subventionen ersetzt werden, sodass einerseits Anreize in die richtige Richtung gesetzt und andererseits Unterstützungen für Unternehmen und Bürger:innen gewährleistet werden.
Klimaschädliche Subventionen abbauen
Mit klimaschädlichen Subventionen gibt der Staat Steuergeld in Milliardenhöhe aus, das erstens schwerwiegende Klimafolgeschäden verursacht und zweitens an anderer Stelle fehlt. Noch wichtiger als die Vermeidung neuer klimaschädlicher Emissionen ist deshalb der Abbau der bestehenden. GermanZero und Together for Future fordern die Bundesregierung auf, diesen Abbau in Angriff zu nehmen, weil ihr damit ein enormer Hebel zur Verfügung steht, um die deutschen Klimaziele zu erreichen.
GermanZero hat in seinem 1,5-Grad-Gesetzespaket eine Reihe von Reformvorschlägen gemacht, mit denen folgende klimaschädlichen Subventionen abgebaut werden können, darunter zum Beispiel:
● den Abbau der Energiesteuervergünstigung für Diesel ("Dieselprivileg"); Auswirkung: 7,4 Mrd. €
● die Abschaffung der Entfernungspauschale und vorübergehende Abfederung sozialer Härten; Auswirkung: 5-6,5 Mrd. €
● die Abschaffung pauschaler Strom- und Energiesteuerbegünstigungen im Energiesteuergesetz, z.B. für die Schiff- und Luftfahrt; Auswirkung: mindestens 5 Mrd. €
● die Anhebung der Mehrwertsteuer auf tierische Produkte auf den Regelsteuersatz; Auswirkung: 5,2 Mrd. €
Eine Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) hilft dabei, die Größenordnung dieser Reformierung abzuschätzen: Das FÖS beziffert das Einnahmenpotenzial für den Staat durch den Abbau einer ähnlich umfangreichen Liste von Subventionen auf anfänglich 46 Mrd. Euro pro Jahr. Gleichzeitig können Emissionen in Höhe von fast 100 Mio. t CO2e pro Jahr eingespart werden. (FÖS: 2021)
100 Millionen Tonnen Treibhausgase - das entspricht nahezu einem Siebtel der jährlichen Emissionen Deutschlands. Gepaart mit milliardenschweren Einnahmen, die in wirksamen Klimaschutz investiert werden können, kann der Wegfall klimaschädlicher Subventionen zu einem entscheidenden Faktor auf dem Weg zur Klimaneutralität werden.
Quellen
Agora Verkehrswende: die Schwachstellen der Pendlerpauschale Publikation - Die Schwachstellen der Pendlerpauschale - (agora-verkehrswende.de)
BMF: 28. Subventionsbericht der Bundesregierung: Bundesfinanzministerium - 28. Subventionsbericht des Bundes
FOES 2021: Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen – ein Zeitplan (foes.de)
Handelsblatt 2017: Das müssen Sie in der Dieseldebatte wissen
Kordes, Herbert 2023: Deutschland im Subventionsrausch
Statista 3/2022: Energiemehrkosten belasten geringe Einkommen stark
UBA 2021: Umweltschädliche Subventionen in Deutschland
Umweltschädliche Subventionen in Deutschland | Umweltbundesamt
UBA 2021a: Klimaschutzinstrumente im Verkehr – Umgestaltung der Entfernungspauschale
VDC 2022: Das Dienstwagenprivileg – unsozial, klimaschädlich, unzeitgemäß
Titelbild: Markus Spiske/unsplash