Die Zukunft ist jetzt

Gemeinsam zur Klimaneutralität: So funktioniert die Energiewende schon heute

2024 ist ein gutes Jahr – zumindest was die Energiewende in Deutschland betrifft. Das beweisen die vielen Nachrichten, die Hoffnung machen, im aktuellen Diskurs jedoch zu häufig untergehen. Tatsächlich kommen wir gut voran. Insbesondere im Bereich Stromversorgung wurden in den letzten Jahren große Fortschritte verzeichnet.

Energie
25.02.2025

Das ist wichtig, denn die Energiewende ist eines der entscheidenden Projekte auf dem Weg zur Klimaneutralität – und dennoch oft mit Vorurteilen und Argwohn belegt. Dabei sind die Wege weg von fossilen Energieträgern wie Kohle und Gas hin zu erneuerbaren Energien aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse gut vorgezeichnet: eine dezentrale Stromversorgung, basierend auf Energy Sharing und lokalen Energiegemeinschaften, mehr Bürgerbeteiligung, der schnelle Ausbau von Windenergie-, PV-Flächen- und Agri-PV-Anlagen, die Solarpflicht für Neubauten und Förderprogramme. All diese Maßnahmen sichern eine kostengünstigere, nachhaltige Energieversorgung in einer klimaneutralen Zukunft. Doch von der Theorie zur Praxis: Welche konkreten Fortschritte haben wir gemacht? 

Das Jahr der Rekorde

Windräder in der Natur

Immer mehr Strom durch Wind und Sonne:

Für rund 66 Prozent der öffentlichen Nettostromerzeugung Deutschlands waren erneuerbare Energien, allen voran aus Wind und Sonne, laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE von Januar bis Anfang Oktober 2024 verantwortlich – immerhin 5,6 Prozentpunkte mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Gesamtleistung der Erneuerbaren in Deutschland wird von der International Energy Agency (IEA) auf aktuell über 190 Gigawatt geschätzt.

Windräder in Deutschland

Wind als wichtigster Energieträger:

Die Windenergie ist in Deutschland mittlerweile die mit Abstand wichtigste Energiequelle – und damit gleichauf mit Strom aus Braunkohle-, Steinkohle- und Gaskraftwerken zusammen! Am 07.10.2024 wurde, so früh wie nie, laut dem Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) die Marke von 100 Milliarden kWh Windstrom für das laufende Jahr überschritten.

Photovoltaik senkt CO₂-Emissionen deutlich.

Ausbauziel von Photovoltaik übertroffen:

Nachdem im letzten Jahr noch netto 9 GW an Solarkapazität installiert werden sollten, hat die Bundesregierung für 2024 das Ziel ausgegeben, 13 GW zu erreichen. Wenn sich der bisherige Trend fortsetzt, wird das Ausbauziel wohl deutlich früher, voraussichtlich Ende November/Anfang Dezember, erreicht. 

Erneuerbare Energie ohne direkte Emissionen.

Rekordmenge Solarstrom:

Im August wurden an einem Tag 48 GW Solarstrom ins deutsche Stromnetz eingespeist – ein neuer Rekord!

Balkonkraftwerke als unabhängige Stromversorgung.

Boom bei Balkonkraftwerken:

Laut Daten der Bundesnetzagentur wurden 2024 bis Anfang August rund 356.000 Mini-Solaranlagen für Balkon oder Terrasse in Betrieb genommen. Damit ist der Vorjahreswert von rund 269.000 Balkonkraftwerken schon jetzt deutlich übertroffen.

Diese Kommunen gehen voran

Eine dezentrale Energieversorgung, in der Strom und Wärme in vielen kleinen, lokal angesiedelten Anlagen erzeugt wird, ist für die Energiewende von entscheidender Bedeutung. Das zeigen auch die Maßnahmen für den Energiesektor auf MappingZero, unserem Navigator zur Klimaneutralität. Wind und Sonne stehen praktisch überall zur Verfügung und können vor Ort genutzt werden: über Windräder, Solaranlagen auf Hausdächern oder Biomasse-Anlagen in Gemeinden. Das hat außerdem den Vorteil, dass weniger Strom über weite Strecken transportiert werden muss und Bürger sich direkt an der Energieerzeugung beteiligen können, sei es durch Energiegenossenschaften oder individuelle Investitionen in Solaranlagen – für diese Kommunen bereits ein Erfolgsmodell:

1. Feldheim (Treuenbrietzen)

Feldheim, ein Ortsteil der brandenburgischen Stadt Treuenbrietzen, gilt als der erste energieautarke Ort Deutschlands und beweist eindrucksvoll, wie eine Gemeinde durch Eigeninitiative und Bürgerengagement unabhängig vom öffentlichen Stromnetz werden kann. Die 130 Bewohner*innen decken ihren gesamten Strom- und Wärmebedarf über einen Mix aus Windkraft, Solarenergie und Wärme aus einer Biomasseanlage, nachdem sie in den 1990er Jahren gemeinsam mit der lokalen Firma Energiequelle GmbH begannen, Windkraftanlagen zu bauen. Heute besteht der Windpark aus 55 Windrädern, die zusammen etwa 123 Megawatt Strom erzeugen. In Kombination mit einer eigenen Netzinfrastruktur spart Feldheim nicht nur Geld, sondern erzielt auch Einnahmen aus dem Verkauf von überschüssigem Strom. Die Agrargenossenschaft Fläming eG Feldheim ist der größte Arbeitgeber vor Ort und betreibt die Biogasanlage, mit der die Gemeinde 160.000 Liter Heizöl pro Jahr einspart. Heute ist Feldheim ein Vorbild für ganz Deutschland, das zeigt, dass der Weg zur Akzeptanz vor allem über einen niedrigen Strompreis und aktive Bürgerbeteiligung führt.

https://nef-feldheim.info/energieautarkes-dorf/

2. Wildpoldsried

Ähnlich erfolgreich ist die 2.600 Einwohner*innen zählende Gemeinde Wildpoldsried im Allgäu. Bereits im Jahr 2021 wurde dort fast achtmal so viel erneuerbarer Strom erzeugt wie benötigt. Ein Großteil der Energieausgaben bleibt vor Ort: Dank elf Windrädern, 285 PV-Dachanlagen, vier Biogasanlagen und 3,5 km Nahwärmenetz nimmt die Gemeinde jährlich (Stand 2021) 6,5 Mio. Euro ein. Mehr Details und Eindrücke vom Besuch der Energiegemeinde Wildpoldsried liefert Michael Kerler in diesem Artikel.

3. Morbach

Morbach in Rheinland-Pfalz hat ein altes Militärgelände in einen beeindruckenden Energiepark verwandelt, der als Musterbeispiel für nachhaltige Energieversorgung gilt. Der Park kombiniert Windkraft, Solarenergie und Biomasse auf einer Fläche von über 150 Hektar. 14 Windkraftanlagen produzieren hier Strom für rund 35.000 Haushalte. Eine Photovoltaikanlage auf dem Gelände erzeugt zusätzlich Solarstrom, ein Holzvergaser Wärme und Strom aus Abfallholz. So gelingt es Morbach, eine stabile und nachhaltige Energieversorgung zu gewährleisten. Zudem können sich Interessierte in einem Besucherzentrum über den Energiepark und zu den Erneuerbaren informieren.

https://www.morbach.de/energielandschaft/

4. Enge-Sande

Der nordfriesische Ort Enge-Sande ist eine Ideenschmiede für die Energiewende. Auf dem GreenTEC-Campus haben sich zahlreiche Unternehmen aus den dazugehörigen Geschäftsfeldern angesiedelt. In der Region wird nicht nur dreimal so viel Strom aus Sonne, Wind und Biomasse erzeugt wie benötigt, auf dem Campus wird auch ein grünes Rechenzentrum betrieben. Außerdem laufen hier viele weitere Projekte zum Thema, z. B. zu kleinen Windkraftanlagen für Privatpersonen oder dazu, Einspeisung und Verbrauch von erneuerbaren Energien zu synchronisieren. 

https://www.greentec-campus.de/

5. Schönau

Auch die Elektrizitätswerke Schönau (EWS), bekannt als die „Stromrebellen“, sind ein Beispiel dafür, wie sich Bürger*innen ihre eigene dezentrale Energieversorgung aufbauen können. Die Initiative beschloss nach der Tschernobyl-Katastrophe, ihre Stromversorgung unabhängig und umweltfreundlich zu gestalten. Mittlerweile betreiben die EWS viele kleine Wasserkraftwerke, Solar- und Windkraftanlagen und haben sich als unabhängiger Ökostromanbieter bundesweit etabliert. Dieser Bürgerenergieversorger zeigt, dass lokale Initiativen eine wichtige Rolle in der Energiewende spielen und weit über ihre Region hinaus Wirkung entfalten können. 

Fazit: Die Energiewende ist machbar – und bereits in vollem Gange

Das Tempo der Energiewende wird weiter steigen. Das muss es auch, wenn wir bis 2035 klimaneutral sein wollen. Trotzdem ist es immer wieder wichtig, sich vor Augen zu halten, dass wir das Wissen, den Platz und die Technik haben. Nun braucht es noch bessere politische Rahmenbedingungen. Damit die Kohleverstromung aus Braun- und Steinkohle noch weiter zurückgeht als derzeit schon. Damit Batterien zum Speichern von Strom aus erneuerbaren Energien noch leistungsfähiger und günstiger werden. Damit noch mehr Verbraucher*innen tatkräftig mithelfen – und sei es nur, um Geld zu sparen. Schließlich wird Wind- und Solarenergie immer preiswerter: Zwischen 2010 und 2020 sanken die Kosten für Photovoltaik beispielsweise jährlich um 15 %.

Natürlich gibt es weiterhin große Herausforderungen – beim Netzausbau, bei Speicherkapazitäten oder zu langsamen Genehmigungsverfahren. Dennoch gibt es kein Zurück: Im Jahr 2025 könnte, nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur, die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien weltweit erstmals die aus Kohle überholen. Und vielleicht ist das nur der Beginn eines neuen Jahres voller Energierekorde. 

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Für Eilige

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