Jana Büchler und Carsten Wittenberg führen seit 2020 ehrenamtlich Politikgespräche auf Bundesebene. Sie kontaktieren Abgeordnete des Bundestags sowie Parteimitglieder in führenden Positionen und bieten Gespräche zu Fragen der Klimagesetzgebung an. Ihr Schwerpunkt liegt auf Abgeordneten und Mitgliedern der FDP.
Jana ist Enterprise Account Executive im Technologiesektor, Carsten ist Anwalt für Bau- und Architektenrecht und Partner einer Anwaltskanzlei.
GermanZero: Jana und Carsten, ihr seid ja fast GermanZeroes der ersten Stunde, wie hat sich das ergeben?
Carsten Wittenberg: Ich hatte ein Werbevideo auf Facebook gesehen und war sofort überzeugt. Da war eine NGO, die sagt: Wir haben uns wissenschaftlich mit diesen Themen befasst, Tausende von Studien analysiert und über 200 Maßnahmen in Gesetzesform ausgearbeitet. Als Jurist sage ich natürlich: Toll, das ist etwas Handfestes, mit dem man sehr gut arbeiten kann!
Ich habe dann gleich mitten in der Nacht eine Mail geschrieben: Ich bin Rechtsanwalt, habe zwei Kinder und möchte die Welt verbessern, damit sie auch für meine Kinder lebenswert bleibt. Kurz darauf haben Jana und ich die Arbeit aufgenommen.
Jana Büchler: Ich hatte schon länger nach einer Möglichkeit gesucht, mich zu engagieren, weil ich Nachhaltigkeit als einen der wichtigsten Bausteine sehe. Denn wenn wir nicht aufpassen, ist nicht nur unsere Lebensgrundlage, sondern auch unser demokratisches System und die Freiheit, in der wir heute in Europa leben, in Gefahr.
Mir war wichtig, dass ich Impact im großen Maßstab mit bewirken kann. Zudem wollte ich meine Fähigkeiten nutzen, um Leute zusammenzubringen und neue Wege aufzuzeigen. GermanZero hat mich unglaublich überzeugt, weil dort sehr sorgfältig handfeste holistische Lösungen auf wissenschaftlicher Basis und aus verschiedenen Perspektiven entwickelt wurden.
Wie baut ihr eine Beziehung zu den Politiker:innen auf, mit denen ihr sprecht?
Carsten Wittenberg: Wir investieren viel Zeit darin, uns auf die jeweilige Person vorzubereiten, um auch eine persönliche Note mit reinzubringen - und zum Beispiel ihre frühere Arbeit anzusprechen. Dann bringen wir Klimaschutzthemen in Verbindung mit ihrem jeweiligen Ressort. Bei Politiker:innen aus dem Bereich Verteidigung geht es dann zum Beispiel darum, welche Auswirkungen Klimafragen auf die bundesdeutsche Verteidigungspolitik haben.
Trefft ihr in euren Gesprächen dann immer auf offene Ohren?
Carsten Wittenberg: Das ist ganz unterschiedlich. In einem Fall haben wir uns hinterher gedacht: Oh, so was machen wir nicht nochmal. Aber dann haben wir die Person angeschrieben nach dem Motto: Wir reichen uns erstmal die Hand an der Mittellinie. Wir wollen Ihren Standpunkt verstehen und Ihnen unseren Standpunkt darlegen. Das zweite Gespräch war dann natürlich immer noch kontrovers, aber absolut konstruktiv.
Jana Büchler: Es geht am Ende um eine Partnerschaft. Wichtig ist, dass man individuell auf die jeweiligen Standpunkte und Interessen der Politiker:innen eingeht. Zum Beispiel, wenn eine Partei das Thema Nachhaltigkeit noch nicht stark vertreten hatte, aber ein Abgeordneter für dafür zuständig ist oder ein einem Beitrag dazu befragt wird. Da sind wir auf die Person zugegangen und haben gesagt: Sie wurden neulich zu diesem Thema befragt, lassen Sie uns mal darüber sprechen. Das war am Anfang gar nicht einfach. Aber mittlerweile sind wir in Partnerschaftsgesprächen und liefern vertiefende Perspektiven und Standpunkte, die Politiker:innen in ihre Diskussionen mitnehmen können.
Welche Rückmeldung bekommt ihr von den Politiker:innen, was sie an den Gesprächen mit euch schätzen?
Jana Büchler: Ein wichtiger Punkt ist, dass wir mit den holistischen und wissenschaftsbasierten Lösungsansätzen von GermanZero etwas in der Hand haben, was die Politik so noch nicht erarbeitet hatte. Die Politiker:innen sagen uns ganz klar: Wir sind gar nicht in der Lage, uns so tief in ein einzelnes Thema einzuarbeiten, weil die Themen so vielfältig sind. GermanZero ist für uns wirklich eine Lösung, die diese Tiefe mitbringt, und der wir ausreichend vertrauen, dass wir diese Informationen bei Entscheidungen hinzuziehen können.
Jana, du sprachst vorhin von Impact, seid ihr zufrieden mit dem, was ihr bewirken könnt?
Jana Büchler: Der Bundestag ist natürlich ein riesengroßes Gebilde, und in jede Entscheidung fließt ganz viel mit ein. Man kann deshalb schwierig sagen: Das ist "unser" Einfluss, geschweige denn "unser beider" Einfluss, weil hinter uns ja auch ein großes Team steht. Ich weiß auch, dass Dinge einfach Zeit benötigen, und dass Anträge, die anfangs glorreich und toll aussehen, unterwegs unglaublich geschwächt werden, bis sie bestätigt sind.
"Man hat jetzt diese Ampel, und die wäre in ihren Entscheidungen vielleicht nicht so weit gekommen, wenn wir nicht auch Einfluss genommen hätten."
Aber ich finde es wichtig, sich zu sagen: Man hat jetzt diese Ampel, und die wäre in ihren Entscheidungen vielleicht nicht so weit gekommen, wenn wir nicht auch Einfluss genommen hätten. Wir können schon auch nachverfolgen, dass gewisse Gesetzgebungen auch unsere Formulierungen verwenden, die wir ja fertig ausgearbeitet vorlegen.
Aber ja, ich wünsche mir noch viel mehr als das, was bisher umgesetzt wurde! Und ich möchte jede und jeden dazu aufrufen, sich für positive Veränderungen zu engagieren.
Könnt ihr einen konkreten Erfolg eurer Arbeit nennen?
Carsten Wittenberg: Es ist toll, wenn man zum Beispiel einen guten Draht zu einer Jugendorganisation einer Partei aufgebaut hat und von denen gespiegelt bekommt, dass die extrem gut finden, dass wir uns mit der Partei und deren Ideen befassen. Wir sind da bei einem Workshop auf 30 junge Leute getroffen, die interessiert und wirklich informiert waren. In dieser Situation beispielsweise durften wir dabei begleiten, Lösungen in der in der Sprache ihrer Partei zu entwickeln.
Jana Büchler: Konkret wurden wir bereits mehrfach um unsere Perspektive zu anstehenden Gesetzesentscheidungen und aktuellen Themendiskussionen gebeten. Das zeigt, wie unglaublich wichtig diese Arbeit ist, die wir machen. Und sie wird noch wichtiger, weil man uns aktuell verstärkt als Partner und Perspektivengeber wahrnimmt, von Verkehr bis Landwirtschaft und Klimaschutz.
Erlebt ihr diese Bereitschaft zum Zuhören auch in Parteien, die man nicht so weit vorn beim Klimaschutz sieht?
Jana Büchler: Mich motiviert, dass es in jeder Partei viele Persönlichkeiten gibt, die der Meinung sind, dass beim Klimaschutz mehr getan werden und dass man mehr über die Umsetzung von Lösungen sprechen muss. Diese Leute gehen mit uns mittlerweile proaktiv in den Austausch und wollen ihre Themen vorantreiben. Aber es gibt eben Strukturen um sie herum, die sie leise stellen. Diejenigen, die dagegen sind, sind meistens lauter: Gegen Nachhaltigkeit, gegen Veränderung.
Carsten Wittenberg: Wir bekommen das aus gewissen Parteien auch gespiegelt: Dass es Lautsprecher gibt, die gar nicht mal zahlreich sein müssen, aber so laut sind, dass die große Mehrheit nicht wirklich gehört wird.
"Wir bekommen das aus gewissen Parteien auch gespiegelt: Dass es Lautsprecher gibt, die gar nicht mal zahlreich sein müssen, aber so laut sind, dass die große Mehrheit nicht wirklich gehört wird."
Jana Büchler: Und deshalb finde ich das total wichtig: Jeder der sagt, ich möchte Veränderungen und ich habe auch eine Lösung, auch wenn sie noch nicht perfekt ist, sollte wissen: Es gibt noch viel mehr Leute, die auch mit anpacken wollen. Aber genau diese lösungsorientierten Gestalter gehen in den lauten Konfrontationen unter. Sie sind einfach noch zu leise.
Habt ihr den Eindruck, dass Klimaschutz also in allen demokratischen Parteien angekommen ist?
Carsten Wittenberg: Zumindest in unseren Gesprächen erlebe ich es so, dass Einigkeit über das Ziel herrscht, aber die Art und Weise der Umsetzung sehr unterschiedlich gesehen wird. Ein FDP-Politiker sagte: "Mein Gott, wie wollt ihr denn so viele Arbeitsplätze umbauen, das kann ja gar nicht funktionieren!" Wir haben das kontrovers diskutiert. Ich war 10 Jahre in der Bauindustrie tätig und weiß, dass auch große Unternehmen sich schnell umstrukturieren lassen, wenn es sein muss. Aber es war eben auch eine konstruktive Diskussion.
Das klingt, als gebe es bei den Parteien eine Suchbewegung, wie man angemessen mit Klimaschutz umgeht.
Jana Büchler: Klimaschutz war immer das Thema der Grünen, aber das verändert sich jetzt.
"Die Leute verstehen: Klimaschutz ist kein Parteithema, es ist ein humanitäres Thema!"
Die Leute verstehen: Klimaschutz ist kein Parteithema, es ist ein humanitäres Thema! Dem Planet ist es sowas von egal, wie wir auf ihm leben. Aber es geht darum, ob wir einen Planeten für Viele oder für Wenige erhalten.
Die Parteien mussten diesen Wechsel erstmal schaffen - und sie sind noch mitten im Findungsprozess, wie sie für sich sagen können: Wir sind nicht wie die Grünen, wir vertreten Klima und Nachhaltigkeit in unserem Sinne. Die SPD hätte zum Beispiel die erste Partei sein können, die sagt: Wir machen ein "grünes" Ticket und nennen es "Sozialticket", weil es allen Menschen dabei helfen soll, ihre Ziele zu erreichen.
Jetzt fangen die Parteien an, Nachhaltigkeit als humanitäres Thema für sich selber zu besetzen: als liberal, als sozial, als konservativ. Diese Transformation haben wir mit begleitet.
Ihr legt euren Fokus auf die FDP - wo seht ihr deren Stärken, die sie beim Klimaschutz einbringen kann?
Carsten Wittenberg: Ein Beispiel:In einem Workshop ging es um liberale Ansätze und Klimaschutz. Also einerseits Freiheit im engeren Sinn: dass man nicht von Gesetzen bevormundet wird und selber entscheiden kann, was das Richtige ist. Und dann im weiteren Sinn: Was passiert mit unserer Freiheit, wenn wir jetzt nichts tun? Wie eingeschränkt werden wir dann zukünftig leben müssen? Wir stellen fest, dass sie diese Themen durchaus auf der Agenda haben.
Jana Büchler: Es liegt auch eine unglaubliche Chance darin, dieses Thema als liberales Thema zu besetzen. Es ist ja sehr liberal, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, innerhalb derer man frei agieren kann. Ein einzelner Mensch kann doch im Supermarkt gar keine nachhaltigen Entscheidungen treffen, weil er ganze Bücher lesen muss, um zu verstehen, ob zum Beispiel "bio" aus Spanien überhaupt gut ist, weil da so viel Wasser reinfließt, was dann dort der ganzen Region fehlt.
"Wir versuchen zu zeigen, dass Nachhaltigkeit ein originär liberales Ziel ist."
Die Liberalen können diese Rahmenbedingungen schaffen und sich als Gegenpol zu den Grünen positionieren, damit es nicht zu kleinteilig wird. Sie können sagen: Wir erkennen, dass China uns den Rang abläuft als Wirtschaftsmacht für nachhaltige Lösungen, und wir schaffen das Rahmenwerk, das Freiheit für die Menschen heute und für die zukünftigen Generationen garantiert.
Carsten Wittenberg: Man muss das Thema sachlich besetzen, anstatt in grundsätzliche Diskussionen über Verbotspolitik abzudriften. Wir versuchen zu zeigen, dass Nachhaltigkeit ein originär liberales Ziel ist. So sehen auch Menschen in der FDP, dass das besser zu ihrer Agenda passt, als ihnen bisher bewusst war.
Ihr seid also Art Katalysator für die Einbeziehung von Klimaschutz in die Parteipolitik?
Jana Büchler: Ich würde sagen, wir sind partnerschaftlich dafür da, aus einer anderen Perspektive ein Licht auf den eigenen Standpunkt zu werfen. Und wir können mit einem großen Rucksack von Lösungen sagen: Ihr müsst euch keine zwei Jahre mit diesen Fragen auseinandersetzen, denn das haben wir schon getan.
"Alle unsere Ansätze sind eben schon durchdacht. Das macht unsere Arbeit so wertvoll für die Politiker:innen."
Carsten Wittenberg: Genau das macht unsere Arbeit so wertvoll für die Politiker:innen. Alle unsere Ansätze sind eben schon durchdacht. Man braucht aber Ansprechpartner:innen, die wirklich nach Lösungen suchen, und das ist bei unseren Kontakten der Fall. Die sind unfassbar aktiv. Deshalb ist es für sie ein großer Gewinn, wenn wir ihnen Mechanismen und Werkzeuge vorstellen, mit denen sie auf ihrem Weg viel besser punkten können.
Was bedeutet es für euch, GermanZero als Organisation im Rücken zu haben?
Jana Büchler: Ich sehe eine wirklich professionelle Gemeinschaft. Wir sind sehr viele Ehrenamtliche und nur etwa 30 Festangestellte, und da ist ein unglaublicher Zusammenhalt und eine starke Motivation bei den Persönlichkeiten. Und das alles neben dem Familienleben, der Karriere und der Steuererklärung.
"Ich bin stolz darauf, Lösungsanbieterin für die Politik und Deutschland insgesamt sein zu dürfen."
Das ist auch etwas, das Carsten und mich zusammengeschweißt hat über die nun schon dreieinhalb Jahre. Wir haben uns immer wieder gegenseitig motiviert und wurden von den anderen GermanZeros sowie von Politiker:innen bestärkt. Natürlich rennt man auch mal gegen Wände, das ist ganz normal, weil wir zum Teil auch mit Themen ankommen, die noch nicht viel diskutiert werden.
Aber dass wir den langen Atem haben, neue, politische Lösungen wissenschaftlich basiert in hoher Qualität vorzuschlagen, das hat mich immer motiviert, dabei zu bleiben. Vielleicht wäre ich schon ausgestiegen, wenn unser Team uns nicht so begleitet hätte. Ich bin jedes Mal begeistert und lerne unglaublich viel hier, und ich bin stolz darauf, Lösungsanbieterin für die Politik und Deutschland insgesamt sein zu dürfen.
Carsten Wittenberg: Mir geht es auch so wie Jana. Dass wir das im Team machen, dass die Arbeit eine Kontinuität hat, wir die Aufgaben gut verteilen können, und dass ich weiß, dass ich den Input bekomme, den ich dafür brauche.
Wo seht ihr die Stärken von GermanZero, die für eure Arbeit hilfreich sind?
Carsten Wittenberg: Was wir in unseren Gesprächen immer wieder herausstellen, ist, dass wir konkrete Gesetzesvorschläge haben, dass da enorm viel Input eingeflossen ist und viele Menschen beteiligt waren. Wir haben eine fundierte, wissenschaftliche Grundlage für unsere Ideen. Das finde auch ich selbst immer wieder beeindruckend.
Jana Büchler: Wir befinden uns in einer Zeit, in der unglaublich viele Gegensätze aufeinandertreffen und die Menschen immer egozentrischer werden. Auch in der Ampel prallen die Interessen aufeinander. Ich möchte dazu aufrufen, dass jeder wieder die Arme öffnet und sagt: Hey, wie sieht es denn auf deiner Seite aus? Wir müssen uns nicht gleich einigen, lass uns beim nächsten Mal weitersprechen und dann in die tatsächliche Umsetzung kommen. Das ist etwas, das GermanZero lebt.
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