Die wichtigsten Argumente von GermanZero in Kürze
● Für eine zu 100 Prozent klimaneutrale Energieversorgung bedarf es eines immensen Ausbaus der Erneuerbaren Energien.
● Neben regionalen Erneuerbare-Energien-Kraftwerken werden lokale Energiegemeinschaften eine Schlüsselrolle spielen.
● Der Ausbau des neuen Energiesystems muss deutlich schneller als bislang und zentral koordiniert erfolgen.
● Ein am verbleibenden Treibhausgasbudget ausgerichteter Emissionshandel muss die nötigen marktwirtschaftlichen Anreize für eine effiziente Transformation setzen.
Große Hebel: Die Klimanotstandsmaßnahmen von GermanZero
Die Klimanotstandsmaßnahmen, die GermanZero vorstellt, wirken stark und schnell. Im Energiesektor zielen sie darauf ab, klare Zielvorgaben und koordinierte Planung für den Ausbau des Energiesystems zu gewährleisten, Hürden abzubauen und starke Anreize für Investitionen in Erneuerbare Energien zu setzen.
Sie sind nötig geworden, weil alle bisherigen Klimaschutzmaßnahmen bei weitem nicht ausreichen, damit Deutschland seine Verpflichtungen aus dem Klimaabkommen von Paris erfüllt und ausreichend zum Stopp der Erderhitzung beiträgt. Deshalb braucht es jetzt "große Hebel für den Klimaschutz." Die Klimanotstandsmaßnahmen zeigen: Klimapolitik muss in ganz anderen Größenordnungen wirksam werden als bisher. Sie darf sich nicht mehr auf Nebenschauplätzen verausgaben.
Eine ausführliche Erläuterung der Klimanotstandsmaßnahmen von GermanZero im Bereich Energieversorgung, sowie Hintergründe, Wirkungsweisen und häufige Fragen findest du in unserem Dossier Energie.
Worum es geht: Eine neue Energielandschaft
Die gute Nachricht zuerst: Am 24. Juli 2023 stammten 82 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen - vor allem Wind- und Solarkraft sowie etwas Biomasse.[1] Im Jahresmittel für 2022 waren es immerhin 46 Prozent.[2] Die weniger gute Nachricht: Betrachten man nicht nur den Strom, sondern den gesamten Endenergieverbrauch, also auch das Gas für Heizungen, die Kohle für die Stahlherstellung und den Sprit für Autos, sind die Zahlen ernüchternd: Gerade einmal 20,4 Prozent der Endenergie stammten im Jahr 2022 aus erneuerbaren Quellen.[3]
Das zeigt, dass für den Umbau unserer Energieversorgung noch viel zu tun ist. Überall, wo heute noch fossile Feuer brennen, muss morgen grüner Strom fließen - Kohlekraftwerke müssen ersetzt, der Verkehr, die Gebäudewärme und Industrieprozesse auf Strom umgestellt werden. Allein für den Verkehr sind gigantische Strommengen nötig: Selbst wenn der größte Teil der Autos und LKW in Zukunft elektrisch betrieben würde (und nicht mit E-Fuels) wären dafür 542 Terawattstunden nötig[4] - fast soviel wie Deutschland 2022 insgesamt an Strom produziert hat[5]. Für eine elektrifizierte Wärmeversorgung werden allein bis 2030 weitere 50-100 Terawattstunden gebraucht.[6]
Die Transformation hin zu einem Energiesystem, das diesen enormen Strombedarf decken kann, bedeutet auch, dass wir zunehmend in einer ganz neuen Energielandschaft leben werden - im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.
Energiegewinnung stets vor Augen
"Neue Energielandschaft," das bedeutet zunächst einmal ganz einfach: Es wird mehr Windräder in windigen Regionen geben, mehr Photovoltaik-Anlagen an den Häusern, auf den Dächern und auf dem Land, verstärkt im Süden und oft auf Äckern, die dadurch Schutz vor zu viel Sonne und Wind erhalten.
Während bisher ein paar Handvoll Kohle- und Atomkraftwerke übers Land verstreut waren, die weitgehend unsichtbar schmutzigen Strom erzeugt haben, werden die Landkarten zunehmend gesprenkelt sein mit vielen Anlagen, in denen dezentral Strom erzeugt wird. Anders als früher wird das Landschaftsbild widerspiegeln, welch gigantische Mengen an Energie wir für unsere Lebens- und Wirtschaftsweise brauchen.
"Neue Energielandschaft," das bedeutet zunächst einmal ganz einfach: Es wird mehr Windräder in windigen Regionen geben, mehr Photovoltaik-Anlagen an den Häusern, auf den Dächern und auf dem Land, verstärkt im Süden und oft auf Äckern, die dadurch Schutz vor zu viel Sonne und Wind erhalten.
Während bisher ein paar Handvoll Kohle- und Atomkraftwerke übers Land verstreut waren, die weitgehend unsichtbar schmutzigen Strom erzeugt haben, werden die Landkarten zunehmend gesprenkelt sein mit vielen Anlagen, in denen dezentral Strom erzeugt wird. Anders als früher wird das Landschaftsbild widerspiegeln, welch gigantische Mengen an Energie wir für unsere Lebens- und Wirtschaftsweise brauchen.
Drei Elemente der neuen Energielandschaft
Dafür werden diese Energieanlagen zu einem großen Teil nicht mehr wenigen Großkonzernen gehören, sondern im Besitz der Bürger:innen sein. Denn auch in Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse entsteht bereits jetzt eine neue Energielandschaft. Lokale Energiegemeinschaften in Bürger:innenhand spielen darin eine zentrale Rolle. Regionale Erneuerbare-Energien-Kraftwerke ergänzen das Bild. Ein kleinerer Teil des Strombedarfs wird über Importe gedeckt. Worauf es nun ankommt, ist, diese Energielandschaft planvoll und schnell aufzubauen. In der Vision von GermanZero greifen die drei genannten Säulen nahtlos ineinander und ergänzen sich perfekt.
Lokale Energiegemeinschaften
Damit die neue Energielandschaft Gestalt annehmen kann, braucht es nicht nur die Akzeptanz, sondern die aktive Teilnahme der Bürger:innen in so genannten lokalen Energiegemeinschaften: juristischen Personen, denen die Steuerung mehrerer Anlagen für Erneuerbare Energien in einem räumlich zusammengehörenden Gebiet obliegen, und die über einen gemeinsamen Netzverknüpfungspunkt verfügen.
GermanZero legt die rechtlichen Rahmenbedingungen dar, mit denen Energiegemeinschaften noch deutlich einfacher als heute gegründet und betrieben werden können. Diese Gemeinschaften verfügen über viele und vielfältige dezentrale Einheiten, die Strom in Haushalten, Quartieren, Kommunen, Gewerbegebieten und Industrie erzeugen, speichern, vertreiben, verteilen und verbrauchen und in den Strommarkt integriert sind. Sie können selbst kreative Modelle der Energieversorgung ohne bürokratische Hemmnisse entwickeln, Verantwortung übernehmen und von niedrigen Energiepreisen profitieren.
Regionale EE-Kraftwerke
Lokale Energiegemeinschaften allein können den erforderlichen Zubau von erneuerbaren Energien nicht bewältigen. Insbesondere für den hohen Energiebedarf der Industrie und der Wärmeversorgung braucht es regionale "Kraftwerke" in Form von Solar- und Windenergieanlagen, die große Mengen Strom erzeugen und die unabhängig agierenden Energiegemeinschaften ergänzen. Auch eine neue grüne Wasserstoffwirtschaft erhält so ihre Erzeugungsbasis. Bei diesem zweiten Element des Energiesystems handelt es sich um eine bundesweite Energie-Infrastruktur zur Erzeugung und Transport von Strom. Ihre Entwicklung muss zentral vom Bund organisiert und räumlich koordiniert und vorfinanziert werden, um eine stabile flächendeckende Energieversorgung zu gewährleisten. Die Realisierung muss dann regional unter Beteiligung der Kommunen erfolgen.
Energieimporte
Derzeit importiert Deutschland etwa 70 % seines Energiebedarfs, vornehmlich Öl und Erdgas, aber auch Strom.[7] Auch in Zukunft wird Deutschland voraussichtlich auf Energieimporte angewiesen sein, allerdings in deutlich geringerem Umfang. Die EU möchte auf eine Importquote von 20 % kommen (von derzeit 55 %).[8] Importiert werden sollen erneuerbare Gase (insbesondere Wasserstoff und Ammoniak) und weitere erneuerbare Energieträger, wie beispielsweise Biomasse und ggf. in wesentlich geringerem Umfang erneuerbarer Strom. Erneuerbare Gase sollen aus der EU über die vorhandene Gasinfrastruktur importiert werden, um lange Transportwege und aufwendige Infrastrukturprojekte nach Möglichkeit zu vermeiden.[9]
GermanZero zeigt mit seinen Klimanotstandsmaßnahmen für den Energiesektor, was nötig ist, um diese Energielandschaften planvoll und mit dem dringend nötigen Tempo zu gestalten: klare Zielvorgaben und koordinierte Planung sowie starke Anreize und den Wegfall von Hürden für den Ausbau der Erneuerbaren.
Wir reagieren damit auf den aktuellen Stand der Energiewende.
Hintergrund: Wo die Energiewende läuft - und wo sie stockt
Wichtige Schritte in die richtige Richtung
Mit dem "Osterpaket" hat die Bundesregierung 2022 ein großes Bündel von Maßnahmen beschlossen. Gemessen am stockenden Ausbau der Erneuerbaren unter der Vorgängerregierung bringen diese Maßnahmen einen starken Schub für den Ausbau insbesondere für Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Es umfasst insbesondere:
● eine umfangreiche Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) (mit gesetzlichem Vorrang für Erneuerbare Energien, deutlich höheren Ausbaupfaden für Wind- und Solarenergie, höherer Vergütung für Solaranlagen, weniger Hürden für Bürgerenergiegesellschaften und besserer finanzieller Beteiligung der Kommunen für Windenergie).
● den gezielten Ausbau des Stromnetzes
● den beschleunigten Ausbau von Offshore-Windenergie
● eine deutliche Ausweitung der Flächen und schnellere Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen an Land
Ziel der Bundesregierung ist es, den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf mindestens 80 Prozent fast zu verdoppeln. Durch die Elektrifizierung von Industrieprozessen, Mobilität und Wärmeversorgung rechnet die Bundesregierung mit einem massiven Anstieg des Strombedarfs von 600 auf 800 Terawattstunden.[10]
Das Tempo reicht nicht aus
Mit den Maßnahmen aus dem Osterpaket kommt die lange vor sich hin dümpelnde Transformation des Energiesystems zwar gut voran. Insbesondere das Zwei-Prozent-Ziel, der ambitionierte Ausbau der Offshore-Windkraft und die Erleichterungen für Bürgerenergiegemeinschaften sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. Und auch wenn die Ampelregierung das Ziel von 100 Prozent klimaneutralem Strom bis 2035 gestrichen hat, ist es durchaus noch zu erreichen. Schließlich wären Sonne und Wind schon heute die günstigsten Energiequellen, wenn man alle Kosten der Energieerzeugung internalisieren würde.[11]
Doch noch ist das nicht der Fall, und das aktuelle Tempo der getanen Schritte reicht nicht aus. Während ab 2025 jährlich Windkraftanlagen mit einer Leistung von insgesamt 10 Gigawatt (GW) ans Netz gehen sollen, waren es 2022 gerade mal 1,32 GW.[12] Die Gründe dafür sind vielfältig.
● Zum einen gibt es große regionale Unterschiede im Umfang und Tempo des Ausbaus, weil es keine zentrale Planung und Koordination dafür gibt. In Bayern wurden 2023 bislang lediglich fünf neue Windräder aufgestellt, während es in Schleswig-Holstein über 100 waren. Insgesamt hat der Süden des Landes großen Nachholbedarf.[13]
● Ein großes Problem stellt auch der stockende Ausbau der großen Stromtrassen vom Norden in den Süden des Landes. Aktuell müssen Windräder im Norden abschalten, wenn die zu schwachen Leitungen in den Süden überlastet sind - obwohl dort Strom gebraucht wird. Die im Süden fehlende Energie muss dann in Reservekraftwerke aus Kohle oder Gas gewonnen werden.[14] Zudem werden hohe Entschädigungszahlungen an die Windanlagenbetreiber fällig, 2022 waren das 4,1 Milliarden Euro.[15]
● Viel zu lange Planungs- und Genehmigungszeiten, verbunden mit gestiegenen Investitionskosten für Wind- und Solaranlagen stellen für Unternehmen zudem starke Hindernisse dar, sich an Ausschreibungen zu beteiligen.[16] Ausschreibungen der Bundesnetzagentur waren zuletzt zum Teil um mehr als die Hälfte unterzeichnet.[17]
● Und schließlich sind es zum Teil scheinbar triviale Hürden, die sich zu einem großen Problem auswachsen, wie zum Beispiel die Genehmigungsdauer für die Schwerlasttransporte von Windrädern, die hierzulande im Schnitt 12 Wochen beträgt, während es in den Niederlande nur vier bis fünf Tage sind.[18]
Drohende Lock-in-Effekte bei LNG-Infrastruktur
In ihrem Bestreben, von russischen Energieimporten unabhängig zu werden, plant die Bundesregierung den Bau weiterer LNG-Terminals, obwohl diese angesichts der abnehmenden Bedeutung von Erdgas auf dem Weg zur Klimaneutralität weder energiewirtschaftlich notwendig noch klimapolitisch sinnvoll sind.[19] Der Bau weiterer LNG-Terminals sollte daher gestoppt werden, um die übermäßig lange Nutzung von Flüssiggas, Lock-in-Effekte und stranded investments zu vermeiden.
Eine ausführliche Erläuterung der Klimanotstandsmaßnahmen von GermanZero im Bereich Energieversorgung, sowie Hintergründe, Wirkungsweisen und Antworten auf häufige Fragen findest du in unserem Dossier Energie.
Titelbild: Thomas Richter/unsplash
Quellen
[1] https://www.zeit.de/wirtschaft/energiemonitor-deutschland-gaspreis-spritpreis-energieversorgung
[2] Umweltbundesamt: Erneuerbare Energien in Zahlen: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/erneuerbare-energien-in-zahlen#ueberblick
[3] ebd.
[4] Agora Verkehrswende: Mit der Verkehrswende die Mobilität von morgen sichern, https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2017/12_Thesen/Agora-Verkehrswende-12-Thesen_WEB.pdf, S. 62
[5] https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Energie/Erzeugung/Tabellen/bruttostromerzeugung.html
[6] Agora Energiewende: Wärmewende 2030: https://www.agora-energiewende.de/fileadmin/Projekte/2016/Sektoruebergreifende_EW/Waermewende-2030_WEB.pdf, S. 48.
[7] https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/primaerenergiegewinnung-importe
[8] Europäische Kommission (2018): Ein sauberer Planet für alle. Eine Europäische strategische, langfristige Vision für eine wohlhabende, moderne, wettbewerbsfähige und klimaneutrale Wirtschaft. Mitteilung der Kommission vom 28.11.2018, S. 10.
[9] Adelphi (2020), Grüner Wasserstoff: Internationale Kooperationspotenziale für Deutschland, S. 6; in diese Richtung zumindest in einer kurz- bis mittelfristigen Perspektive auch Öko-Institut e.V. (2021), Wasserstoffstrategie 2.0, S. 3f.
[10] https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/klimaschutz/novelle-eeg-gesetz-2023-2023972
[11] UBA (2020), Methodenkonvention 3.1 zur Ermittlung von Umweltkosten, S.19 i.V.m. Fraunhofer ISE (2018), Stromgestehungskosten erneuerbarer Energien, S.2.
[12] https://www.fr.de/politik/tempo-ausbau-kritik-branche-klima-energiewende-deutschland-windkraft-windraeder-ziele-92410289.html
[13] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/windkraft-deutschland-ausbau-2023-1.6041682
[14] https://www.enbw.com/unternehmen/eco-journal/warum-windraeder-stillstehen.html
[15] https://www.zeit.de/2023/25/hans-juergen-brick-amprion-strom-klimawende
[16] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/windparks-ausbau-bundesnetzagentur-101.html
[17] https://www.energie-und-management.de/nachrichten/alle/detail/ausschreibungen-fuer-wind-an-land-erneut-stark-unterzeichnet-176672
[18] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/windkraftanlagen-schwerlasttransport-investitionsstau-100.html
[19] Holz et al., DIW Berlin 2023, Nr. 86.